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Wesentliche gesetzliche Änderungen im Zusammenhang mit Werbung für öffentliche Angebote von Wertpapieren
Seit dem 21. Juli 2019 gelten neue gesetzliche Bestimmungen im Zusammenhang mit Werbung für öffentliche Angebote von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt, die einer Prospektpflicht unterliegen.
Die wesentlichen Neuerungen im Überblick
Hintergrund: Seit dem 21. Juli 2019 („Stichtag“) ist – neben allgemeinen Regelungen zu Informationen/Marketingunterlagen gemäß dem WpHG und der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 vom 25. April 2016 („MiFID-II-DV“) - Art. 22 der Verordnung (EU) 2017/1129 (EU-Prospektverordnung - „PVO“) in Verbindung mit Art. 13 bis 17 der Delegierten Verordnung (EU) 2019/979 vom 14.3.2019 (die „PVO-DV“) maßgeblich für die Bewerbung von Wertpapieren. Ergänzend hat die European Securities and Markets Authority in ihren Questions and Answers (ESMA31-62-1258) vom Stand 12. Juli 2019 in Frage 1.1 Klarstellungen zu diesem Thema veröffentlicht.
Die neuen Anforderungen gelten für jede Werbung, die ab dem Stichtag erstmalig oder neu veröffentlicht wird, und zwar in Bezug auf alle öffentlich angebotenen Wertpapiere und Wertpapiere, für die eine Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt erfolgt, unabhängig davon, ob sie auf Basis eines Basisprospekts emittiert wurden, der vor oder nach dem Stichtag gebilligt wurde. Für Werbung, die bis zum Stichtag veröffentlicht wird, gelten weiterhin die bisherigen Anforderungen nach dem nationalen Recht.
Werbung ist nach der Definition in Art. 2 lit. k) der PVO jede Mitteilung, die sich auf ein spezifisches öffentliches Angebot von Wertpapieren oder deren Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt bezieht, und die darauf abstellt, die potenzielle Zeichnung oder den potenziellen Erwerb von Wertpapieren gezielt zu fördern.
Inhaltliche Anforderungen gemäß der PVO-DV: Werbung, die an potenzielle Kleinanleger verbreitet wird, muss insbesondere folgende Elemente enthalten:
- das Wort „Werbung“ auf deutlich sichtbare Weise;
- […] eine Erklärung, dass die Billigung des Prospekts nicht als Befürwortung der angebotenen […] Wertpapiere zu verstehen ist;
- […] eine Empfehlung, dass potenzielle Anleger den Prospekt lesen, bevor sie eine Anlageentscheidung treffen, um die potenziellen Risiken und Chancen der Entscheidung, in die Wertpapiere zu investieren, vollends zu verstehen;
- bei strukturierten Wertpapieren in der Regel den Warnhinweis gemäß Art. 8 Abs. 3 lit. b der Verordnung (EU) Nr. 1286/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates („PRIIPs-VO“): „Sie sind im Begriff, ein Produkt zu erwerben, das nicht einfach ist und schwer zu verstehen sein kann.“
Darüber hinaus ist bei prospektpflichtigen Angeboten der Prospekt in der Werbung eindeutig zu kennzeichnen. Je nach Art der Verbreitung unterscheiden sich die Anforderungen diesbezüglich:
Gemäß Art. 13 der Delegierten Verordnung (EU) 2019/979 vom 14.3.2019 (die „PVO-DV“) ist der Prospekt in der Werbung eindeutig zu kennzeichnen. Bei der Kennzeichnung wird insbesondere unterschieden zwischen
- Werbung in schriftlicher Form und auf andere Weise als auf elektronischem Wege (worunter Anzeigen in Printmedien, Flyer oder Präsentationen in gedruckter Form fallen) und
- Werbung in schriftlicher Form auf elektronischem Wege (worunter insbesondere E-Mails und elektronisch versendete Flyer oder Newsletter fallen)
Hinsichtlich (i) ist Art. 13 (1) lit. a) PVO-DV einschlägig. Danach ist es erforderlich, eine eindeutige Angabe der Webseite aufzunehmen, auf der der Prospekt zu finden ist. Aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift ergibt sich, dass im Falle von Wertpapieren, die unter einem Basisprospekt begeben werden, eine eindeutige Angabe der Webseite erfolgen muss, auf der Basisprospekt (einschließlich etwaiger Nachträge hierzu) und die relevanten endgültigen Bedingungen zu finden sind. Aus der Formulierung „eindeutige Angabe der Webseite“ resultiert, dass in gedruckten Werbematerialien der gesamte Pfad der Webseite(n) anzugeben ist. Idealerweise enthält die angegebene Webseite sowohl einen Link zum konkreten Basisprospekt sowie etwaigen relevanten Nachträgen als auch zu den konkreten endgültigen Bedingungen (sowie u.U. auch das relevante Basisinformationsblatt, dies ist aber nicht zwingend). Potentielle Anleger dürfen den konkreten Basisprospekt und etwaige Nachträge hierzu nicht erst unter mehreren Basisprospekten bzw. Nachträgen heraussuchen müssen. Existiert keine einzelne Webseite, auf der die konkreten Dokumente zum Download zur Verfügung stehen, sind entsprechende Angaben zu den verschiedenen Webseiten zu machen.
Hinsichtlich (ii) ist Art. 13 (1) lit. b) PVO-DV einschlägig. Danach ist es erforderlich, einen Hyperlink zu dem Prospekt (Basisprospekt, ggf. einschließlich etwaiger Nachträge hierzu) und zu den relevanten endgültigen Bedingungen aufzunehmen. Idealerweise führt der Hyperlink auf eine Produktseite, auf der der Basisprospekt sowie etwaige Nachträge zum Basisprospekt und die endgültigen Bedingungen (sowie u.U. auch das relevante Basisinformationsblatt, dies ist aber nicht zwingend) für das konkret beworbene Produkt zu finden sind. Auch in diesem Fall sollen potentielle Anleger den konkreten Basisprospekt (wiederum einschließlich etwaiger Nachträge hierzu) nicht erst unter mehreren Dokumenten heraussuchen müssen. Existiert keine einzelne Webseite, auf der die konkreten Dokumente zum Download zur Verfügung stehen, sind Hyperlinks zu den verschiedenen Webseiten aufzunehmen.
Kein Widerspruch zu Informationen in Basisinformationsblättern und in Basisprospekten: Zu beachten ist weiterhin, dass gem. Art. 9 S. 1 der PRIIPs-VO in Werbematerialien keine Aussagen getroffen werden dürfen, die im Widerspruch zu den Informationen in einem Basisinformationsblatt stehen. Außerdem dürfen gem. Art. 16 Abs. 1 PVO-DV offengelegte Informationen über ein öffentliches Angebot von Wertpapieren den Informationen im Prospekt nicht widersprechen und nicht auf Informationen verweisen, die im Widerspruch zu den im Prospekt enthaltenen Informationen stehen. Ferner dürfen diese Informationen die im Prospekt enthaltenen Informationen nicht in wesentlich unausgewogener Weise darstellen, etwa durch stärkere Hervorhebung positiver Aspekte gegenüber negativen Aspekten dieser Informationen oder durch Auslassung oder selektive Darstellung bestimmter Informationen.
Änderung bei Nachtrag und Hinweispflicht auf Änderung: Wichtig ist auch zu beachten, dass ab dem Stichtag eine Änderung der Werbung erforderlich sein wird, wenn nach der ersten Verbreitung der Werbung ein Nachtrag gem. Art. 23 der PVO zum Prospekt veröffentlicht wird und der im Nachtrag zum Prospekt genannte wichtige neue Umstand bzw. die darin genannte wesentliche Unrichtigkeit oder wesentliche Ungenauigkeit dazu führt, dass die zuvor verbreitete Werbung wesentliche ungenaue oder irreführende Informationen enthält. Ist dies der Fall, ist die geänderte Werbung potenziellen Anlegern nach Veröffentlichung des Nachtrags zum Prospekt unverzüglich zur Verfügung zu stellen, und muss Folgendes enthalten:
- einen eindeutigen Verweis auf die ungenaue oder irreführende Fassung der Werbung;
- eine Erklärung, dass die Werbung geändert wurde, da sie wesentliche ungenaue oder irreführende Informationen enthielt;
- eine klare Beschreibung der Unterschiede zwischen den beiden Fassungen der Werbung.
Mit Ausnahme von mündlich verbreiteter Werbung ist geänderte Werbung mindestens auf denselben Wegen zu verbreiten wie die vorherige Werbung, z.B. durch die Auslage in den Filialen.